Über uns
Im Herbst 2010 fand an der Universität Luzern erstmalig ein Zertifikatskurs (CAS) „Philosophie und Medizin“ statt. Seither werden ähnliche Kurse und Masterstudiengänge auch an anderen Universitäten angeboten. Um die erworbenen theoretischen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen und dort fruchtbar werden zu lassen, haben Kursteilnehmende am 28. Juni 2012 das „FORUM MEDIZIN UND PHILOSOPHIE“ gegründet. Seither treffen sich an Philosophie interessierte Ärzte und Ärztinnen zu selber gewählten Themen, Retraiten, Vorträgen u.a.m
Das „FORUM MEDIZIN UND PHILOSOPHIE“ richtet sich an Fachpersonen aus dem Gesundheitsbereich, welche das Bedürfnis verspüren ihr medizinisches Handeln und ihre naturwissenschaftliche Tätigkeit philosophisch zu hinterfragen. Dort, wo Fachwissen an Grenzen stösst und grundsätzliche wissenschaftliche, gesellschaftliche und ethische Fragen auftauchen, lohnt es sich aus dem eng getakteten Alltag auszubrechen und sich mit philosophisch Interessierten auszutauschen. Die kritische Auseinandersetzung mit der modernen Medizin durch Betrachtung aus einer übergeordneten Perspektive bereichert die persönliche Denkweise und und die Arzt-/Patienten-Beziehung.
Selbst gewählte Themen werden in Referaten, vorgetragen von ausgewiesenen Expertinnen und Experten, sowie in Interessensgruppen und Diskussionen erörtert. Die Themenschwerpunkte können grundsätzlicher Art oder tagesaktuell sein und decken ein breites Spektrum von der Biophilosophie über das Spannungsfeld zwischen Natur- und Geisteswissenschaft bis zum Umgang mit künstlicher Intelligenz in der Medizin ab.
Das „FORUM MEDIZIN UND PHILOSOPHIE“ bietet den teilnehmenden Ärzten und Ärztinnen Raum zur Orientierung im medizinischen Alltag und Zeit zur vertieften Reflexion ihrer ärztlichen Tätigkeit und ihres ärztlichen Selbstverständnisses.
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Der Punto zéro in der Philosophie
Im Tango gibt es einen eigenartig schönen Moment. Die Musik verlangsamt sich, hält beinahe inne, und dasselbe tut das Tanzpaar. Aber es löst sich nicht aus der Umarmung. Was wie ein Stillstand aussieht, ist in Wirklichkeit ein von aussen nicht sichtbares Geschehen. Ein Warten, ein Verklingen der Bewegung und ein Noch-Nicht der Nächsten, vergleichbar einem Ton, der einen Übergang sucht. Man spürt förmlich, wie viel Dynamik sich in diesem Punto zéro verbirgt.
Ich frage mich manchmal, ob wirkliche Erkenntnis nicht auch eines solchen Stillstandes bedarf. Ob sie der Moment ist, in welchem der Begriff, das Gewusste, Definierte, Determinierte, das Objekt sich umdreht, ein Gesicht zeigt und vorsichtig auf den Betrachter zukommt, kaum merklich seine Grenze überschreitet, ja dass sie für Augenblicke verschmelzen - und der Betrachter sich in der Welt und die Welt sich in ihm spiegelt. Staunende Klarheit. Als würden sich die Dinge in einer neuen Weise zu erkennen geben. Ist es nicht so, dass fast alle grossen Umbrüche im Denken und Forschen in einem solchen Punto zéro begannen, einem Punkt freilich, zu welchem der Weg oft mühsam ist, weil wir ihn immer vermeiden wollen, weil die Kohärenz zu zerreissen, ja eine Krise der Welt- und Selbstbetrachtung droht?
Philosophie ist nichts für Gescheite, die sich in Formeln und Begriffen zu bewegen wissen, deren Welt längst gebaut ist. Sie sucht diejenigen, denen manchmal ihr ganzes Wissen wie ein Schleier von den Augen fällt, denen das Allerselbstverständlichste plötzlich in Zweifeln steht, die, die existentielle Momente kennen, seien es solche der Enttäuschung, der Trennung, der Hoffnungslosigkeit, oder solche der Erleichterung, des ganz plötzlichen Glücks einer Einsicht vielleicht. Des Lebendigseins. Die im Punto zéro nicht das Ende sehen, sondern den nächsten Tanzschritt suchen. Die andere Welt, die nicht zu betreten schade wäre.
Thomas Schweizer
Präsident des Forums Medizin und Philosophie
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